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Aus der Abteilung "Weiterbildung für Beamte"

Beamter

Wie sag' ich's dem Bürger?

Sprachliche Hilfestellung für Beamte im Umgang mit Bürgern

"Sagen Sie uns, was Sie wünschen und wir sagen Ihnen, warum es nicht geht!"


Gelegentlich wird der Beamte, insbesondere derjenige in einer Kommunalverwaltung, nicht vermeiden können, direkten Kontakt mit der Bürgerschaft zu haben. Anfragen, Anrufe, Anträge, Wünsche und Beschwerden verlangen eine angemessene Reaktion des Beamten. Bei diesem schwerwiegenden Problem will der folgende Abschnitt nach dem Motto "Aus der Praxis - für die Praxis" eine konkrete Hilfestellung liefern, mit einer Sammlung von sachlichen Argumenten, geschliffenen Formulierungen und treffenden Redewendungen für den korrekten Umgang mit der Bürgerschaft.


=> "Moment, ich verbinde Sie weiter ... "

Beliebte Reaktion in der Behörde auf Telefonanrufe von Bürgern. Dient auch dazu, dem Bürger in Ruhe den Genuss der oft wunderschönen Melodien der Behörden-Telefonanlage während der Wartezeit zu ermöglichen. Sportlich eingestellte Bürger zählen die Anzahl der Weitervermittlungen bzw. messen die Zeit, bevor die Verbindung zusammenbricht. Bei sofortiger Wahlwiederholung der selben Behörden-Telefonnummer wird diese dauerbesetzt sein bzw. es geht niemand dran.

=> "Dafür sind wir nicht zuständig."

Hinweis auf den kommunalen und staatlichen Behördenaufbau und die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen in der Bundesrepublik. Da dieses System selbst für Fachleute nur schwer zu durchschauen ist, braucht der Bürger viel Spürsinn und Ausdauer. Die dem Bürger gegebene Telefonnummer der angeblich zuständigen Behörde wird sich im übrigen als falsch herausstellen.

=> "Dafür bin ich nicht zuständig."

Hinweis auf die behördeninterne Zuständigkeitsverteilung. Der eigentlich zuständige Kollege wird übrigens im Urlaub sein, seine Vertreterin ist auf Dienstreise, die Sachgebietsleiterin ist erkrankt und der Amtsleiter nimmt gerade an einem Fortbildungsseminar teil (und zwar zum Thema "Bürgerfreundliche Verwaltung").

=> "Das kann ich nicht allein entscheiden."

Hinweis auf die behördeninterne Hierarchie, den einzuhaltenden Dienstweg und das Beteiligungsrecht anderer Fachabteilungen im Hause. Da dies ein Aussenstehender nicht überblicken kann, hat der Bürger auch kaum eine Chance, den tatsächlich entscheidungsbefugten Behördenmitarbeiter direkt anzusprechen - so es denn einen solchen geben sollte.

=> "Das muss politisch entschieden werden."

Steigerung der vorherigen Aussage. Hinweis auf die kommunalverfassungsrechtliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Verwaltung und Politik. Die Diskussion und Entscheidungsfindung in den Gremien von Rat, Hauptausschuss und verschiedenen Fachausschüssen -einschließlich der vorgelagerten nichtöffentlichen Fraktions- und Arbeitskreissitzungen - verdeckt glücklicherweise im Ergebnis jede Art von persönlicher Verantwortlichkeit.

=> "Das haben wir schon immer so gemacht!" "Das haben wir noch nie anders gemacht!" "Wo kämen wir denn da hin?"

Beamten-Dreisatz. Hinweis auf den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 des Grundgesetzes, die Bindungswirkung langjähriger Verwaltungspraxis und die Gefahr des Zusammenbruchs der westlichen Zivilisation, sollte man davon abweichen. Die Tatsache, dass es einfach bequemer ist, gewohnte Vorgehensweisen beizubehalten, als erneut nachzudenken ("Hoch lebe der Vorgang!"), hat damit natürlich nichts zu tun.

=> "Das haben wir noch nie so gemacht." "Wenn wir das einem erlauben, wollen es alle haben." "Da könnte ja jeder kommen."

Variation des Beamten-Dreisatzes und Variante des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Hinweis auf die Gefahr der Schaffung von unliebsamen Präzedenzfällen. Wo es keinen gleichgelagerten Vorgang gibt, den der Beamte als Vorbild für die Bearbeitung nehmen könnte, setzt das Tätigwerden eigenes Nachdenken voraus - ein Vorgang, der nicht nur bei Beamten häufig Kopfschmerzen und Depressionen auslöst.

=> "Sie sind wirklich nicht der Einzige, bei dem genau so entschieden wird."

Tröstend gemeinter freundlicher Hinweis gegenüber dem Bürger, um den Schock von Ablehnungen oder unerfreulichen Entscheidungen abzumildern, nach dem Grundsatz "Geteiltes Leid ist halbes Leid".

=> "Das muss ein Softwarefehler in unserem EDV-Programm sein."

Gern genutzter Hinweis bei Falschberechnungen von Leistungsanspüchen. Ist einerseits nicht kontrollierbar und andererseits für jeden Bürger, der die irrationalen Reaktionen und Verhaltensweisen von PCs und Computern kennt, durchaus gut nachvollziehbar.

=> "Ihr Antrag wird in der Reihenfolge des Eingangs unverzüglich bearbeitet."

Klingt gut und ist in der Sache meistens auch nicht falsch. Bloß bleibt dabei unerwähnt, dass bereits über 120 unbearbeitete Anträge im Eingangsstapel liegen, die vorher abgearbeitet werden müssen.

=> "Das verbietet die Rechtslage."

Hinweis auf die Rechts- und Gesetzesbindung der öffentlichen Hand als Auswirkung des Rechtsstaatsprinzips. Angesichts von Rechtsschutzversicherungen und klagefreudigen Rechtsanwälten allerdings ein Argument, das nicht leichtfertig eingesetzt werden sollte; daher inzwischen wenig verbreitet.

=> "Das ist nicht bezahlbar."

Beliebtes und schwer zu widerlegendes Argument, insbesondere wegen der bekannten Finanzmisere der öffentlichen Hand. Der Hinweis des Bürgers auf behördliche Geldverschwendung an anderer Stelle kann gekontert werden mit schlichtem Leugnen oder besser noch mit dem Verweis auf entsprechende Ratsbeschlüsse, andere Haushaltsbudgets, mangelnde Vergleichbarkeit der Sach- und Rechtslage oder erhaltene Fördermittel des Landes.



Anmerkungen:
1.) Als Bürgermeister bin ich selbst Beamter, darf mich also über meinen Berufsstand ein wenig lustig machen.
2.) Die Sprüche haben heutzutage nicht mehr sehr viel mit der Wirklichkeit zu tun, hoffe ich zumindest. :-)
3.) Übrigens sind unter den kommunalen Verwaltungsmitarbeitern (ca. 50 % davon weibliche Beschäftigte) weniger als 20 % Beamte.

Und nicht vergessen:
"Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten läßt sich immer noch regieren. Bei schlechten Beamten helfen die besten Gesetze nichts!"
(Otto von Bismarck)


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